Mittwoch, 1. Juli 2009

April 25th

Eigentlich ein Tag wie jeder andere. Ich hatte alle meine Prüfungen bereits hinter mich gebracht und bin mit den Leuten aus unserem Haus in einen nahegelegenen Park, um die ersten warmen Tage in Montreal zu genießen. Leider hat mir das ungewohnt schwüle Klima wohl etwas zugesetzt und ich bekam Kopfschmerzen. Also hab ich mich, wieder zuhause angekommen, ins Bett gelegt, wo ich dann auch direkt eingeschlafen bin, während es sich die anderen auf dem Balkon im Apartment unter uns bequem machten.

Als ich wieder aufwachte und ins Badezimmer ging, hörte ich durch das Fenster Leute schreien, was nichts Besonderes ist, da wir an einer belebten Straße wohnten. Als ich aus dem Badezimmerfenster hintunterschaute, sah ich die Mutter meiner Vermieterin, die ebenfalls in unserem Haus wohnte, Richtung Hinterhof rennen, gefolgt von so schwarzen Typen.
Weil mir das doch sehr spanisch vorkam, bin ich auf unseren Balkon geeilt, um die Lage zu checken. Ich hab dann aber nur weiter Geschrei und diese komische Gestalten in unserem Hinterhof gesehen und dachte mir, es sei das Beste, runter zu den Nachbarn zu gehen und zu fragen, was zur Hölle da eigentlich passiert.

Ich dreh mich also um und laufe durch unser Wohnzimmer in Richtung Wohnungstür, als ich aufblicke und sehe, dass ein Typ, völlig außer Atem, mit einem Messer in seiner blutendernHand vor mir steht - Mitten in unserer Wohnung! Das erste, was ich nach ein paar Schrecksekunden rausgekriegt habe, war "What the hell are you doing in my apartement?"
Er sagte mir, ich bräuchte mir keine Sorgen zu machen, mir geschehe nichts, aber er werde von Typen verfolgt (die aus dem Hinterhof) und ich solle schnell die Tür abschließen, was ich nach kurzem Zögern dann auch tat. Er gab mir anschließend das Messer, welches ich erst weglegte, nur um es kurze Zeit später wieder zu ergreifen. Ich dachte mir sicher ist sicher, vor allem weil der Kerl ja viel erzählen kann. Der Typ war total durch den Wind und wollte auf den Balkon, von wo aus ihn dann seine Verfolger hätten sehen können, also sagte ich ihm, er solle verdammt nochmal in der Wohnung bleiben, was er dann auch tat. Idiot!

Wie sich später herausstellte, wurde mein "Einbrecher" von ca. 20 Gangstern verfolgt, bewaffnet mit Rohren und Messern...
Zurück zur Chronologie: In der Zwischenzeit hatte er sein Handy gezückt, um Verstärkung zu rufen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde mir die Sache zu heikel und ich sagte ihm, dass ich jetzt die Polizei rufe und wenn er sich ungesehen aus dem Staub machen will, müsse er das jetzt machen. Er wollte mich dann noch hinhalten und sich ein Taxi rufen, damit er direkt ins Auto springen kann. Ich wartete also noch ein bisschen, bis ich meinen Nachbarn (Marc) vor der Tür hörte, diese aufmachte, ihm mein Handy gab und sagte er solle 911 anrufen.

Der versuchte mich erst mit seinem französichen Akzent zu beruhigen, so von wegen "Dude, be cool, everything's gonna be okay, just lock your door" und ich schnauz nur zurück "Nothing's gonna be okay, there's a black guy in my apartement with a fucking knife" Jetzt hatte auch er es kapiert und tat wie ihm befohlen ;)
Als ca. 2 min später auch schon die Polizei eintraf (wie sich danach herausstellte, hatte die Vermieterin schon davor die Polizei gerufen), stand ich mit dem Kerl im Treppenhaus, wo er nach seinem Taxi Ausschau hielt. Vier Polizisten bildeten die Vorhut, wovon 2 sich erst einmal um den Einbrecher kümmerten, sprich ihn an die Wand drückten und Handschellen anlegten. Die anderen zwei Polizisten fragten mich, ob noch andere fremde Personen in unserem Apartment wären, was ich verneinte. Als sie wissen wollten, ob sich jemand im Apartment gegenüber befindet würde und ich es nicht wusste, meinten sie, ich solle zurücktreten. In bester Hollywoodmanier stürmten sie anschließend die Wohnung mit gezogenen Waffen und arbeiteten sich von Zimmer zu Zimmer vor - kannte ich bis dato nur aus Film und Fernsehen (und Ego-Shootern). Ich stand währenddessen im Treppenhaus und dachte mir, so das ist doch jetzt ein Witz, wo ist die Kamera...

Long story short: es befanden sich keine weiteren Einbrecher im Gebäude, ich musste eine zweiseitige Aussage machen und 5 Polizeiwagen standen letztendlich vor unserem Haus.
Wie sich herausstellte, ist der Kerl auf der Flucht vor einem Rudel Gangmitglieder durch die offenstehende Haustür ins Haus gestürmt, glücklicherweise unbemerkt von den Verfolgern (sonst hätten die zumindest ihn wahrscheinlich in unserem Apartment glyncht) und in unsere offenstehende Wohnung hinein. Laut Einschätzung der Polizei handelte es sich wahrscheinlich um Gang-Rivalitäten und Drogen.


(Bild von unserem Balkon aus aufgenommen. Polizeit sichert Beweismaterial vom Hinterhof. Man beachte den Polizisten mit den Rohren in der Hand, die als Waffen eingesetzt werden sollten).
Die Moral von der Geschicht: Schließt eure Wohnungen ab!
So das war's. Was ein Tag. Am 25sten April dachte ich also: wird Zeit, dass du nach Hause kommst ;)
Aber zuvor galt es noch ein letztes Mal: Roadtrip!...

This is the end

Hallo lieber Blog,

lang lang ist's her. Ich weiß, ich habe dich sträflich vernachlässigt die letzten Wochen, aber ich hatte einfach keine Zeit oder schlichtweg keine Lust ;) Ich hoffe du vergibst mir noch einmal. Die nächsten Einträge werden auch die letzten sein. Kanada ist schon seit über einem Monat Geschichte, ich bin mittlerweile schon wieder in Rottenburg, Stuttgart, München, Freiburg und Augsburg gewesen; bin in der Zwischenzeit erfolgreich am Fuß operiert worden und humpel mir meinen Weg durch die deutschen Irrungen und Wirrungen, versuche einfach so langsam wieder Fuß zu fassen, was mir zusehens besser gelingt.
Ich mache hier bereits ein kleines Fazit: Kanada war suuuuper, aber in Deutschland ist's auch schön!
Also los gehts mit den Schilderungen der letzen ereignisreichen Montreal-Wochen...